Der Begriff Seele hat eine lange Tradition und sowohl unter anderem in Psychologie, Religion, Philosophie und Mystik ihren festen Platz. Auch im Alltag ist die „Seele“ fest etabliert: Wir sind mit „Leib und Seele dabei“, „hauchen etwas Seele“ ein oder sind „von etwas ganz beseelt“. Wer sich in spirituellen Kreisen bewegt oder Frauenzeitschriften liest, wurde schon längst aufgefordert, seine Seele zu befragen und mir ihr in Einklang zu sein. Doch ist das nicht ein Paradox?
Inhalt
Was ist mit Seele gemeint?
Der Begriff ist inzwischen leider etwas „heruntergekommen“ und hat vieles seiner ursprünglichen Bedeutung durch die verschiedenen Arten der Betrachtung verloren. Vielleicht ließe sich auch sagen, dass nur den wenigsten dessen tiefe Bedeutung bewusst ist. Je nachdem, welches Konzept zugrunde liegt, meint es jenen unsichtbaren Teil, der einen Körper bewohnt, der einem Individuum das Gefühl einer Identität oder Persönlichkeit verleiht. Das ist nicht falsch, jedoch entsteht hier leicht der Eindruck eines getrennten Individuums, was unabhängig von anderen existiert.
In Kontakt mit seiner Seele zu kommen, ist irreführend
Verstärkt wird dieses Phänomen durch die gängige spirituelle Praxis, in Kontakt mit seiner Seele zu kommen oder zu sein. In ihr steckt der Wunsch, eins zu sein mit sich selbst, sich selbst zu erkennen. Dieser Wunsch ist die Triebfeder jedes spirituellen Suchers, die Herangehensweise jedoch eher irreführend. Denn: Wenn „ich“ mit „meiner Seele“ in Kontakt trete, bedeutet das, dass ich „zwei“ bin. Da bin ich und da ist meine Seele! Unmöglich! Aufgrund dessen wird kein Suchender je etwas finden, denn er kann sich nicht selbst finden.
Ist eine Seele getrennt?
Stell dir den Ozean vor, unendlich groß und still. Er selbst kann sich in dieser Stille nicht erfahren, er „ist“ einfach. Doch durch Winde oder kleine Erdstöße lösen sich unendlich viele Tropfen aus diesem Ozean. Jeder Tropfen ist einzigartig, hat eine andere Größe und Form und andere Eigenschaften. Jeder Tropfen entsteht, steigt in die Luft empor und tanzt in der Sonne, bis er wieder im Ozean versinkt. Auch wenn der Tropfen sich vom Ozean löst, ist und bleibt er Teil des Ozeans und damit auch Teil jedes anderen Tropfens. Genauso ist es mit der Seele: Sie ist Teil des All-Einen, welches sich selbst nicht erfahren kann, welches neutral, farb- und formlos ist. Sie ist Teil des All-Einen oder des einen Bewusstseins, und macht Erfahrungen in einem menschlichen (oder tierischen) Körper. Dennoch ist sie nicht vom großen Ganzen und auch nicht von den anderen Seelen getrennt und wird, nachdem das Spiel beendet ist (also mit dem physischen Tod) wieder in das All-Eine zurücksinken.
Solange du „dich“ suchst, kannst du dich nicht finden
Der Sucher und damit ich und du und alle ist nur „einer“. Du hast keine Seele, denn du bist deine Seele. Da ist kein Unterschied. Solange du „dich“ suchst, wirst du dich nicht finden. Die Erkenntnis liegt darin, dass du das schon bist… du kannst es auch Bewusstsein oder das All-Eine nennen. Es lohnt sich, über diese Frage ein wenig nachzudenken oder zu meditieren.
Wie denkst du darüber? Lasse andere an deinen Erkenntnissen in den Kommentaren teilhaben.